Jede ärztliche Leistung sollte angemessen honoriert werden
Dr. med. Michael Müller
Die aktuelle Debatte zur belastenden Situation in den (fach-)ärztlichen Praxen und zur Vergütungssituation in den ambulanten Strukturen der ärztlichen Versorgung fand einen Höhepunkt in der Sitzung des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages am 19. Februar 2024. Hier trug Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, als Petent die Besorgnis der Verträgsärzteschaft vor und stellte sich den Fragen der Abgeordneten.
Es ist gut, dass über die Rahmenbedingungen in der vertragsärztlichen Versorgung, über insgesamt deutlich gestiegene Kosten sowie die Vergütungen des medizinischen Personals öffentlich gesprochen wird und die Öffentlichkeit beteiligt ist. Dies gilt für alle Bereiche in der ambulanten Versorgung, auch für die häufig nicht erwähnten diagnostischen Praxen, in denen neben MFA insbesondere die Medizinischen Technologinnen und Technologen für Funktionsdiagnostik, für Laboratoriumsanalytik und für Radiologie tätig sind. Sie leisten die spezifischen Aufgaben in der Versorgung aufgrund ihrer besonderen Berufsausbildung. Wichtige Tätigkeiten in der Medizin sind diesen Berufsgruppen vorbehalten.
Auch in fachärztlichen Laboren gibt es von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Anbetracht von Inflation und gestiegenen Lebenshaltungskosten eine entsprechende Erwartung an ihre Gehaltsentwicklung. Kostensteigerungen und die Erwartungen der Mitarbeitenden sind nur realisierbar, wenn alle erforderlichen medizinischen Leistungen in der ambulanten Patientenversorgung ausreichend vergütet werden und Kostensteigerungen in den Honorarverhandlungen zum EBM entsprechend Berücksichtigung finden. Die Forderung des Spitzenverbandes Fachärzte Deutschlands (SpiFa e.V.) zur vollständigen Aufhebung der Budgetierung für alle Facharztgruppen, inklusive der diagnostischen Fächer, ist daher ausdrücklich zu begrüßen, denn was für Hausärzte umgesetzt werden soll und für Kinderärzte schon Realität ist, sollte als eine Selbstverständlichkeit für die gesamte Fachärzteschaft gelten.
Die Kostensteigerungen sind auch in den ambulanten fachärztlichen Laboren enorm. In den letzten drei Jahren sind die Ausgaben für Löhne und Gehälter, die Energiekosten und damit einhergehend auch die Aufwände für die Probenlogistik sowie die Preise der IVD-Hersteller erheblich gestiegen. Hinzu kommen stetig steigende gesetzliche Anforderungen an die IT-Sicherheit. Aus unserer Sicht ist es notwendig, die Kostenerstattungen und Vergütungen im EBM regelmäßig zu überprüfen und die Honorare für alle entsprechend anzupassen. Dazu gehören auch die fachärztlichen diagnostischen Leistungen. Die Labore, so auch das MVZ Labor 28, sehen sich auch aufgrund immer umfangreicherer gesetzlicher Regelungen (KRITIS-DachG, Umsetzung der NIS-2-Richtlinie) mit der sehr komplexen Herausforderung konfrontiert, effektive IT-Sicherheitsmaßnahmen zu implementieren. Neben einmaligen Investitionen zieht dies auch laufende Betriebskosten nach sich, wobei bislang keine Refinanzierung für diese kostenintensiven Maßnahmen vorgesehen ist. In anderen Wirtschaftszweigen besteht die Möglichkeit, Kostensteigerungen durch Preisanpassungen zu refinanzieren. Dies ist im ambulanten medizinischen Sektor mit seinen festgelegten Gebührenordnungen EBM und GOÄ nicht möglich. Die gestiegenen Ausgaben müssen dementsprechend auch bei den Kostenerstattungen im EBM berücksichtigt werden.
Eine patientenzentrierte und qualitätsorientierte Versorgung der Bevölkerung mit fachärztlicher Labordiagnostik, d. h. eine bestmögliche medizinische Versorgung, ist unsere primäre Aufgabe. Facharztlabore stellen diese im Hinblick auf labordiagnostische Leistungen wohnortnah und flächendeckend sicher und gewährleisten damit einen niedrigschwelligen Zugang zur Diagnostik und die Verfügbarkeit von Diagnostik mit Blick auf die zunehmende Ambulantisierung der Medizin. Darüber hinaus versorgen die niedergelassenen fachärztlichen Labore bereits jetzt eine deutliche Mehrheit der Krankenhäuser mit ärztlicher Labordiagnostik, die in den Krankenhauslaboren nicht mehr vorgehalten werden kann. Die politisch Verantwortlichen werden nicht umhinkommen, sich mit einer sinnvollen Patientensteuerung zu befassen, damit die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen sich besser am Bedarf orientiert und damit die ohnehin begrenzten Ressourcen wirksamer eingesetzt werden können.