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Änderung der Mutterschafts-Richtlinien: HBsAg-Screening so früh wie möglich in der Schwangerschaft

Das Screening auf eine vorliegende Hepatitis B ist seit 1994 verpflichtender Bestandteil der Vorsorge in der Schwangerschaft, da eine in der Schwangerschaft übertragene Infektion zu einem schweren Schaden beim Neugeboren führen kann, d. h. zur frühen Entwicklung einer Leberzirrhose, eines Leberkarzinoms und der daraus eventuell resultierenden Transplantationsbedürftigkeit.

DR. JOHANNES FRIESEN

Eine Hochrechnung des Statistischen Bundesamtes (DESTATIS) ergab, dass 2019 die beachtliche Zahl von ca. 587 Hepatitis-B-Erstdiagnosen in der Schwangerschaft gestellt wurden.

Die 2021 gültige Mutterschafts-Richtlinie und der RKI-Ratgeber für medizinisches Fachpersonal sahen vor, das Hepatitis-B-Surface-Antigen (HBsAg) möglichst nach der 32. Schwangerschaftswoche, d. h. nah am Geburtstermin zu bestimmen. Die im selben Jahr veröffentlichte Hepatitis-B-Leitlinie widersprach dieser Empfehlung deutlich und wies darauf hin, dass das Screening frühestmöglich in der Schwangerschaft durchzuführen sei, am besten im 1. Trimenon, spätestens jedoch bis zur 28. SSW.

Bei reaktivem HBsAg ist die Durchführung der HBV-DNA-Bestimmung erforderlich. Ergibt sich eine hohe Viruslast (ca. ≥ 200 000 IU/ml), soll noch während der Schwangerschaft mit der antiviralen Therapie begonnen werden, da bei hoher Viruslast bis zu ein Drittel der postpartal simultan geimpften Neugeborenen eine Hepatitis B entwickelt. Der Behandlungserfolg ist nur gewährleistet, wenn der Therapiebeginn vor der 28. SSW liegt. Zur Verhinderung der vertikalen Transmission kann laut Leitlinie und RKI-Ratgeber am ehesten Tenofovir verabreicht werden. Die Empfehlung zur postpartalen Simultanprophylaxe beim Neugeborenen mit aktiver und passiver Impfung bleibt von der Entscheidung zur Therapie in der Schwangerschaft unberührt.

Die Empfehlung der S3-Leitlinie wurde vom Gemeinsamen Bundesausschuss mit Wirkung zum 30.06.2023 umgesetzt. Im Wortlaut heißt es im Abschnitt C: „[…] Bei jeder Schwangeren sollte zu einem möglichst frühen Zeitpunkt aus einer Blutprobe […] eine Untersuchung auf Hepatitis-B-Virus-Antigen (HBsAg) durchgeführt werden.“ Bei reaktivem HBsAg sollen mit der Behandlung der Hepatitis B erfahrene Ärzte in die Mitbehandlung einbezogen werden.

Auf das HBsAg-Screening in der Schwangerschaft kann verzichtet werden, wenn ausreichende Immunität gegenüber Hepatitis B nach Impfung nachgewiesen wurde.

Literatur:

  1. S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) zur Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Hepatitis-B-Virusinfektion (AWMF-Register-Nr. 021-11). Z Gastroenterol 2021; 59: 691–776; DOI 10.1055/a-1498-2512
  2. Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung (Mutterschafts-Richtlinien) in der Fassung vom 10. Dezember 1985 (veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 60 a vom 27. März 1986) zuletzt geändert am 20. April 2023, veröffentlicht im Bundesanzeiger AT 29.06.2023 B5, in Kraft getreten am 30. Juni 2023
  3. Hepatitis B und D. RKI-Ratgeber. www.rki.de