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Präanalytische Besonderheiten in der Hämostaseologie

Die Gerinnungsdiagnostik stellt besonders hohe Anforderungen an die Qualität der präanalytischen Phase, da die Komponenten des Gerinnungssystems häufig labil sind und vielfältige Interaktionen plasmatischer und zellulärer Komponenten zur Inaktivierung oder zur Voraktivierung führen können.

MAHMOUD DBASE

Unplausible Ergebnisse in der Gerinnungsanalytik sind häufig auf ein mangelhaftes Probenmanagement zurückzuführen. Deshalb soll im Folgenden auf die wichtigsten Maßnahmen bei der Probennahme sowie auf die häufigsten Fehler in der präanalytischen Phase hingewiesen werden.

Allgemeine und organisatorische Maßnahmen

Für die Gerinnungsdiagnostik wird mit wenigen Ausnahmen Citratplasma eingesetzt. Daneben werden für spezielle Untersuchungen auch andere Probenarten bzw. Antikoagulanzien verwendet. Wenn bekannt ist, dass für einen Patienten ein größeres Untersuchungsspektrum erforderlich ist (z. B. Thrombophilie- oder Hämophilieabklärung), sollte dem Labor eine ausreichende Probenmenge zur Verfügung gestellt werden.

Der Abgabezeitpunkt für Proben ist mit dem Labor zu klären, um organisatorische Eigenheiten und Möglichkeiten des Spät- und Wochenenddienstes zu berücksichtigen.

Auf den Laborformularen sind neben den Anforderungen für die Einzeltests für das Labor wichtige Angaben zur Anamnese, zu Medikamenten und zur klinischen Fragestellung zu ergänzen. Die Barcode-Etiketten des Patienten auf Schein und Probenröhrchen (vor Blutentnahme aufkleben) verhindern eine Probenverwechslung.

Gewinnung von Material

Die Punktion erfolgt aus der Vene der Ellbogenbeuge, falls dort nicht möglich am Unterarm oder am Handrücken. Eine Abnahme aus Kathetern ist nicht ratsam, falls unvermeidbar, sollte ein Vorlaufvolumen vom Mehrfachen des Entnahmevolumens verworfen werden. Bei Abnahme mehrerer Probenarten sollte die Reihenfolge Serum – Citratblut – Heparin- oder EDTA-Blut eingehalten werden.

Die Stauung am Oberarm sollte nicht länger als eine Minute dauern, der Puls soll fühlbar bleiben. Zur Entnahme sind Kanülen größer als 12 Gauge geeignet. Sobald das Blut fließt, wird die Staubinde gelöst und das Blut mit geringem Unterdruck (Vermeidung von Schaumbildung und Hämolyse) aufgezogen. Bei der Entnahme ist das Verhältnis von Blut und Antikoagulans einzuhalten. Sofort nach der Entnahme ist durch mehrfaches Kippen des Röhrchens die Durchmischung von Blut und Antikoagulans sicher zu stellen.

Die exakte Einhaltung von Antikoagulans und Blut im Verhältnis von 1:10 (9 Volumenanteile Blut, 1 Volumenanteil Antikoagulans) ist essenziell, deshalb muss das Röhrchen vollständig gefüllt werden. Das Probenmaterial sollte bei Zimmertemperatur transportiert werden und innerhalb von 4 Stunden im Labor ankommen. Manche Blutentnahmen müssen sogar im Labor vor Ort stattfinden.

Häufige Fehlerursachen

  • Ein Stau der Vene von mehr als 3 Minuten verursacht eine Aktivierung der Gerinnungs- und Fibrinolysefaktoren: Es kommt zu einem Anstieg der aPTT, der Thrombinzeit, des Antithrombins und Fibrinogens sowie von Faktor VIII (um 18 %!).
  • Eine Gewebeverletzung durch mehrmaliges Einstechen ist zu vermeiden, da tissue factor freigesetzt wird.
  • Eine zu rasche Aspiration des Blutes kann aufgrund der auftretenden Scherkräfte zu einer Aktivierung der Thrombozyten führen.
  • Die Probe enthält Heparin ohne Wissen des Labors. Einige Suchtests werden dadurch sinnlos oder sind nicht interpretierbar.
  • Die Probe wurde unzureichend oder zu spät mit der Citratlösung (Antikoagulans) gemischt.
  • Das Verhältnis des Antikoagulans zur Blutmenge entspricht nicht exakt dem Verhältnis 1:10. Daraus ergeben sich verfälschte Werte.
  • Das Gleiche gilt für extremeHämatokritwerte. Ab einem Hämatokrit von 60 % muss trotz möglicher Korrekturfaktoren mit einer Verfälschung der Ergebnisse gerechnet werden.

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Literatur:

  1. Bruhn, Schambeck, Hach-Wunderle. Hämostaseologie für die Praxis, Schattauer 2007