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Autochthone Dengue- und Chikungunya-Virusinfektionen in Europa

Die Klimaerwärmung begünstigt die Ausbreitung von Arthropoden und damit potenzieller Überträger verschiedenster Infektionserreger. Hierzu gehört auch die asiatische Tigermücke (Aedes albopictus), der Überträger des Dengue- und auch des Chikungunya-Virus, die sich mittlerweile in vielen europäischen Ländern dauerhaft etabliert hat und auch in Deutschland regelmäßig nachgewiesen wird (Abb. 1).

PROF. DR. MED. RALF IGNATIUS

 

James Gathany, CDC, PHIL #2165, Centers for Disease Control and Prevention

 

Das Dengue-Virus kommt in Asien einschließlich des östlichen Mittelmeergebiets, der Pazifikregion, der Karibik, Amerika und Afrika vor. Das Chikungunya-Virus ist vor allem in Afrika, Asien, der Pazifikregion und wahrscheinlich auch in den (sub)tropischen Gegenden Amerikas verbreitet. Beide Erreger sind somit (bislang) nicht endemisch in Europa, und Infektionen werden typischerweise bei Reiserückkehrern nachgewiesen.

Wenn infizierte Reisende jedoch in Gebiete mit Vorkommen von A. albopictus zurückkehren und auch die äußeren Bedingungen (vor allem die Umgebungstemperatur) für die Virusvermehrung günstig sind, ergeben sich in Europa immer wieder kleinere Ausbrüche mit dann autochthonen, d. h. in Europa entstandenen Infektionsfällen.

Abbildung 1. Vorkommen von Aedes albopictus in Europa (Stand: Februar 2023)

 

Das Dengue-Virus gehört, wie auch das Gelbfiebervirus, das FSME-Virus, das Westnil-Virus oder das Japan-B-Enzephalitisvirus, zu den Flaviviren, was insbesondere bei der Labordiagnostik wegen der ausgeprägten Kreuzreaktionen von Antikörpern in dieser Virusfamilie bedeutsam ist. Eine sichere Diagnose gelingt daher über den direkten Erregernachweis mittels PCR oder mittels Nachweises des Nichtstrukturproteins 1 (NP1). Tabelle 1 fasst gesicherte autochthone Infektionen in Europa im Zeitraum ab 2010 zusammen.

Tabelle 1. Autochthone vektorielle Dengue-Virusübertragung in Europa 2010 bis heute

 

Das Chikungunya-Virus gehört zu den Alphaviren, Kreuzreaktionen beeinträchtigen hier nicht die serologische Diagnostik. Auch autochthone Chikungunya-Virusinfektionsausbrüche wurden in den letzten Jahren in Europa berichtet; Virusreservoire waren hier infizierte Reiserückkehrer aus Indien/Pakistan bzw. Zentralafrika (Tab. 2).

Tabelle 2. Autochthone vektorielle Chikungunya-Virusübertragung in Europa 2007 bis heute

 

Beide Viren verursachen nach einer Inkubationszeit von ca. einer Woche akute, fieberhafte Erkrankungen, die differentialdiagnostisch nicht leicht zu unterscheiden sind (Tab. 3).

Tabelle 3. Symptomatik bei Infektionen mit dem Dengue- bzw. Chikungunya-Virus

Europareisenden wird momentan wegen des insgesamt sehr niedrigen Infektionsrisikos mit den beiden hier besprochenen Viren eine Impfung mit dem neuen Dengue-Fieber-Impfstoff Qdenga® nicht empfohlen. Vielleicht sollte jedoch sicherheitshalber auch bei Reisen ins Mittelmeergebiet, insbesondere im Sommer und Frühherbst, aufgrund der möglichen hämorrhagischen Verlaufsform des Dengue-Fiebers auf die Einnahme von gerinnungshemmendem ASS zur Fiebersenkung verzichtet werden.

Literatur:

  1. ecdc.europa.eu/en/dengue
  2. ecdc.europa.eu/en/chikungunya-virus-disease
  3. Eckerle I. et al. Clin Microbiol Infect. 24(3):240–245, 2018