Resistenzdaten aus dem Labor 28: Neisseria gonorrhoeae
Die Gonorrhö durch Neisseria gonorrhoeae (Gonokokken) ist die dritthäufigste sexuell übertragene Infektion weltweit. Aufgrund der zunehmenden Antibiotika-Resistenz von Gonokokken wurde 2013 von der WHO und dem ‚European Centre for Disease Prevention and Control‘ (ECDC) ein Surveillance-Programm gestartet, um die Resistenzentwicklung zu überwachen.
DR. MED. ANITA DURST
Auf deutscher Ebene wird diese Aufgabe durch die Go-Surv-AMR (Gonokokken-Resistenzsurveillance) realisiert, einer Kooperation des Konsiliarlabors für Gonokokken am Robert Koch-Institut und einem freiwilligen Netzwerk aus Laboratorien (zu dem auch das Labor 28 zählt), die anonymisierte Daten und Gonokokken-Isolate aus der Patientenversorgung zur Verfügung stellen. Seit 2021 besteht außerdem nach Paragraf 7 des Infektionsschutzgesetzes eine Labormeldepflicht für Gonokokken mit verminderter Empfindlichkeit gegen Ceftriaxon, Cefixim oder Azithromycin.
Die aktuelle AWMF-S2k-Leitlinie empfiehlt zur kalkulierten Behandlung der unkomplizierten urogenitalen Gonorrhö eine Einmalgabe von Ceftriaxon 1–2 g (i. v. oder i. m.) in Kombination mit 1,5 g Azithromycin oral. Die zusätzliche Gabe von Azithromycin wirkt dabei nicht nur gegen Neisseria gonorrhoeae, sondern erfasst auch eine mögliche Koinfektion mit Chlamydia trachomatis oder Mycoplasma genitalium. Bei Ausschluss dieser Koinfektionen und gesicherter Therapiekontrolle nach vier Wochen ist auch eine Ceftriaxon-Monotherapie möglich, um unnötige Antibiotikagaben und eine weitere Resistenzzunahme gegen Azithromycin zu vermeiden.
Die orale Therapie mit Cefixim führt häufiger zu einem Therapieversagen als Ceftriaxon und kann eine begleitende pharyngeale Gonorrhö nicht eradizieren. Die Cefixim-Therapie der Gonorrhö ist daher lediglich als Alternativtherapie in der Leitlinie gelistet.
Fallberichte von Einzel- und Multiresistenzen (multidrug-resistant Neisseria gonorrhoeae, MDR-NG, und extensively drug-resistant Neisseria gonorrhoeae, XDR-NG) kommen vor allem aus Großbritannien, Australien und Asien. Resistenzen gegen Ceftriaxon und Cefixim sind aktuell in Deutschland noch sehr selten. Die Berichte aus dem GO-Surv-AMR zeigen neben der seit Jahren ansteigenden Resistenz gegen Ciprofloxacin (ca. 50 %), eine zunehmende Minderempfindlichkeit gegen Azithromycin von bis zu 11 % der Gonokokken-Isolate. Die Daten aus dem Labor 28 spiegeln diese Resistenzsituation wider. Ca. 9 % der 32 untersuchten Gonokokken-Isolate im Jahr 2021 zeigten eine Azithromycin-Minderempfindlichkeit und 59 % eine Ciprofloxacin-Resistenz, bei guter Wirksamkeit von Ceftriaxon und Cefixim.
Global gesehen ist mit einer Untererfassung resistenter Isolate zu rechnen, da die Resistenzbestimmung eine kulturelle Anzucht erfordert (die spätestens beim Therapieversagen zusätzlich zur PCR erfolgen sollte) und aufgrund der hohen Sensitivität und Schnelligkeit häufig nur ein PCR-Nachweis durchgeführt wird. Die kulturelle Diagnostik und die Resistenz-Surveillance im Rahmen des Go-Surv-AMR sind daher wichtige Bausteine, um auch in Zukunft valide Empfehlungen zur empirischen Therapie geben zu können.
Tabelle: Anteil sensibler Gonokokken-Isolate im Jahr 2021 Daten aus dem Labor 28 (n=32)
Literatur
- AWMF S2k-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Gonorrhoe. Stand 12/2018. Registernummer 059-004
- Robert Koch-Institut: Deutsche Gonokokken-Resistenz-Surveillance (Go-SURV). Endbericht April 2021
- Selb R et al. Markedly decreasing azithromycin susceptibility of Neisseria gonorrhoeae, Germany, 2014 to 2021. Euro Surveill. 2021; 26(31)