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Hepatitis-D-Virus: Neue Therapieoption für eine aggressive Form der Virushepatitis


Das Hepatitis-Delta-Virus (HDV) ist ein weltweit verbreitetes, inkomplettes RNA-Virus, das für seine Morphogenese die Unterstützung von Hepatitis-B-Oberflächenantigen (HBsAg) benötigt, um Hepatozyten zu infizieren. Die Übertragung erfolgt wie beim Hepatitis-B-Virus (HBV) parenteral. Zur Prävalenz der HDV-Infektion in Deutschland ist die Datenlage variabel. Je nach Studie wird die HDV-Prävalenz mit 1,4 % bis 7,4 % der HBsAg-positiven Patienten angegeben.

DR. MED. ANITA DURST

2106 Pic 04Eine HDV-Infektion kann nur zusammen mit einer Hepatitis B auftreten. Unterschieden wird eine zeitgleiche HDV- und HBV-Infektion (Koinfektion oder Simultaninfektion) von einer HDV-Superinfektion auf dem Boden einer vorbestehenden HBV-Infektion mit einer schlechteren Prognose.

Die HDV-Infektion ist klinisch nicht von anderen Formen der Virushepatitis zu unterscheiden. Der klinische Verlauf ist vielfältig und reicht von einer asymptomatischen Infektion bis hin zum akuten, fulminanten Leberversagen. Bei ca. 90 % der Infizierten nimmt die HDV-Superinfektion einen chronischen Verlauf mit beschleunigter Fibrose, Leberdekompensation und frühzeitigem Auftreten von Leberzirrhose und hepatozellulärem Karzinom.

Da die Letalität der HDV-Superinfektion zirka zehnmal höher liegt, als die Letalität einer alleinigen HBV-Infektion, sollten alle HBsAg-positiven Patienten bei Erstdiagnose oder Exazerbation einer chronischen Hepatitis B auf HDV-Antikörper (Anti-HDV) untersucht werden (Screening). Bei Nachweis von HDV-Antikörpern sollte eine aktive HDV-Infektion mittels qualitativer HDV-RNA-PCR ausgeschlossen werden. Die quantitative HDV-RNA-PCR ist zur Therapieüberwachung vorgesehen.

Die erste gezielte pharmakologische Behandlung der HDV-Infektion mit dem sogenannten „Entry-Inhibitor“ Bulevirtid erhielt im Juli 2020 die bedingte Zulassung durch die Europäische Arzneimittel-Agentur. Am 1. April 2021 wurde die qualitative und quantitative HDV-RNA-PCR zur Indikationsstellung und Therapieüberwachung einer Bulevirtid-Therapie bei HDV-Infektion offiziell in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen.

Die GOP 32855 ist für den Nukleinsäurenachweis auf HDV-RNA vor Therapiebeginn mit Bulevirtid gedacht. Die Laborziffer kann einmal im Behandlungsfall abgerechnet werden.

Die GOP 32856 kann für die quantitative Bestimmung der HDV-RNA zur Indikationsstellung, während sowie zum Abschluss oder nach Abbruch einer Behandlung mit Bulevirtid bis zu dreimal im Behandlungsfall angesetzt werden.

 


Literatur

  1. AWMF-Leitlinie: Aktualisierung der S3-Leitlinie zur Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Hepatitis-B-Virusinfektion. Langversion. AWMF-Register-Nr.: 021/011. Stand: 31.01.2011
  2. Ben L Da et al.: Hepatitis D infection: from initial discovery to current investigational therapies. Gastroenterol Rep (Oxf). 2019 Aug; 7(4): 231–245.
  3. Robert Koch-Institut: Infektionsepidemiologisches Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten für 2019. Berlin 2020
  4. Sperle I et al.: Prevalence of Hepatitis B, C, and D in Germany: Results From a Scoping Review. Front Public Health. 2020; 8: 424.
  5. www.aerzteblatt.de/nachrichten/115318/Erstes-Medikament-gegen-Hepatitis-D-zugelassen. 5. August 2020