Synovialdiagnostik: Sinnvolle Untersuchungen bei Gelenkerguss
Die Gelenkflüssigkeit (= Synovialflüssigkeit, SF) ist ein Ultrafiltrat des Plasmas durch die Synovialmembran und dient unter anderem der Zufuhr von Nährstoffen für das Knorpelgewebe. Normalerweise ist die Zusammensetzung dem Plasma deshalb sehr ähnlich. Hyaluronat-Moleküle bedingen die Viskosität der SF („Gelenkschmiere“).
DR. MED. ANTJE-BEATE MOLZ
Bei Erkrankungen des Gelenks kann sich die Zusammensetzung der SF ändern, und verschiedene Laboruntersuchungen können differenzialdiagnostisch wegweisend sein. Sie dienen insbesondere zur Unterscheidung folgender Gelenkerkrankungen:
1. Nicht entzündlich
- Degenerative Gelenkerkrankungen (Arthrose)
- Traumatische Gelenkerkrankungen
- Osteochondrom etc.
2. Entzündlich
- Rheumatoide Arthritis
- Lupus erythematodes
- Sklerodermie
- Polymyositis
- Spondylitis ankylosans
- Psoriasisarthritis
- Reaktive Arthritiden (para-, postinfektiös bei z. B. Chlamydien-, Yersinien-, Borrelien- und verschiedenen Virusinfektionen)
- Kristallopathien (insbesondere Gicht)
3. Septisch
- Bakterielle Infektion
4. Hämorrhagisch
- Trauma, Tumor, Hämophilie, Überdosis Antikoagulanzien
Die wesentlichen Untersuchungen sind:
- Bestimmung der Zellzahl und Zelldifferenzierung
- Nachweis von Bakterien
- Nachweis von Kristallen
Probengewinnung
Die Punktion und die Verteilung bzw. Verarbeitung des Punktates muss immer streng aseptisch erfolgen, nicht nur um Infektionen beim Patienten zu verhindern, sondern auch um eine Kontamination der Proben zu vermeiden. So sind die häufigsten Erreger von Gelenkimplantaten Hautkeime (Koagulase-negative Staphylokokken), die beim Handling jedoch auch zur Verunreinigung der Probe mit nachfolgender Fehlinterpretation im Sinne einer vermeintlichen Infektion führen können. Die Punktion sollte möglichst vor Antibiotikagabe erfolgen.
Für die Zytologie (Zellzahl und -differenzierung) wird im Allgemeinen die Verwendung von EDTA- oder Na-Heparinröhrchen empfohlen. In der Regel kann jedoch, wenn bei der Punktion keine starke artifizielle Blutbeimengung erfolgte, auch ein Nativröhrchen ohne Antikoagulans verwendet werden. Nativmaterial ist auch geeignet für die Untersuchung auf Kristalle und kann ebenso für die Bakteriologie eingesetzt werden.
Da auch sehr empfindliche Erreger wie Neisseria gonorrhoeae zu eitrigen Arthritiden führen können, wäre für die mikrobiologische Untersuchung jedoch eine zusätzliche Probe, die im Transportmedium versendet wird, wünschenswert (Portagerm®).
Grundsätzlich sollte die Probe so rasch wie möglich ins Labor gesendet werden, da z. B. die Leukozytenzahl rasch absinkt und empfindliche Erreger in der Probe absterben können.
Optische Beurteilung:
Zytologie
Im Labor 28 wird die Zellzahl und die Differenzierung der kernhaltigen Zellen mit Hilfe moderner Hämatologiegeräte im sogenannten „Bodyfluid-Modus“ durchgeführt (SF im EDTA- oder Na-Heparinröhrchen oder Nativmaterial ohne Zusätze). So ist eine rasche, sichere und präzise Analyse durch Auswertung einer großen Anzahl an vorhandenen Zellen (Erythrozyten und Leukozyten) sowie die Unterscheidung von polymorphkernigen neutrophilen Granulozyten (PMN) und mononukleären Zellen (Lymphozyten und Monozyten) möglich. Eine manuelle Nachdifferenzierung (Ausstrich und mikroskopische Beurteilung der Zellen mittels Pappenheim-Färbung) ist nur ganz selten erforderlich.
Die Bestimmung der Zellzahl und die Zelldifferenzierung helfen bei der Unterscheidung zwischen entzündlichen und nicht-entzündlichen Prozessen, sind alleine aber nur bedingt aussagekräftig, da es große Unterschiede und Überlappungen bei den einzelnen Erkrankungen gibt (siehe nachfolgendeTabelle).
Eine niedrige Zellzahl schließt einen bakteriellen Prozess jedoch nicht aus! Ursachen können Kortikoidgabe oder Anbehandlung mit Antibiotika sowie eine beginnende bakterielle Infektion sein.
Bakteriologie
Das Gelenkpunktat (Nativmaterial oder Material im Portagerm®-Röhrchen) wird am Tag des Probeneingangs nach Gram gefärbt und mikroskopiert. Finden sich mikroskopisch keine Bakterien, ist eine bakterielle Entzündung jedoch nicht ausgeschlossen. Ausschlaggebend hierfür ist die kulturelle Anzucht auf geeigneten Nährböden (über mindestens 48 Stunden) und das ggf. zusätzlich durchgeführte Antibiogramm.
Kristalle
Bei der mikroskopischen Untersuchung auf Kristalle (am besten Nativmaterial) werden am häufigsten Harnsäurekristalle gefunden. Störend kann sich hier die Injektion von Kortikoiden (Bildung von Kortikoidkristallen) oder die Verwendung eines falschen Antikoagulans (Li-Heparinat) auswirken.
Klinisch-chemische Parameter (Harnsäure, CRP, CCP-AK etc.) oder infektionsserologische Analysen (z. B. Borrelien-Antikörper) sollten aus dem Serum erfolgen, da die Bestimmung in der SF als Ultrafiltrat des Plasmas keine Vorteile bietet und serologische Tests für SF nicht validiert sind.