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ANA-Diagnostik und klinische Wertigkeit von DFS70-AK

Neben klinischen und bildgebenden Befunden trägt die serologische Diagnostik wesentlich zur Charakterisierung von systemischen Autoimmunerkrankungen bei. Die europäischen (EULAR) und US-amerikanischen (ACR) rheumatologischen Fachgesellschaften haben beispielsweise 2019 neue Klassifikationskriterien zum systemischen Lupus erythematodes (SLE) veröffentlicht.

DR. MED. ANTJE HOHMANN DA SILVA

Hierfür wurden von einer großen internationalen Expertengruppe sieben klinische und drei immunologische Domänen definiert, deren Einzelkriterien unterschiedlich gewichtet sind (2–10 Punkte). Eine wesentliche Neuerung ist die Einführung positiver antinukleärer Antikörper (ANA) als Eingangskriterium. Ist bei einem ANA-Titer ≥ 1:80 diese Eingangsvoraussetzung erfüllt, erfordert die Klassifikation eines SLE einen Score von mindestens 10.

Mit der Definition positiver ANA als Eingangskriterium ist es extrem wichtig, differenzialdiagnostisch andere Erkrankungen oder Zustände, welche mit positiven ANA einhergehen können, abzugrenzen. Der indirekte Immunfluoreszenztest (IIFT) an humanen Epithelzellen (HEp2-Zellen) gilt unverändert als Goldstandard in der ANA-Diagnostik.

Bei Anwendung des von EULAR und ACR vorgeschlagenen ANA-Titers liegt Metaanalysen zufolge die Sensitivität für einen SLE bei 97,8 %. Die Spezifität wird allerdings nur mit 74,7 % beziffert, da neben dem medikamenteninduzierten SLE auch Patienten mit anderen organspezifischen Autoimmunerkrankungen, wie beispielsweise einer Autoimmunthyreoiditis, Zöliakie oder autoimmunen Lebererkrankung sowie Gesunde positive ANA aufweisen können. Insbesondere mit zunehmendem Alter (bei über 25 % der über 80-Jährigen) werden erhöhte ANA-Titer ohne klinische Relevanz nachgewiesen.

Bei der ANA-Diagnostik kommt dem nachgewiesenen HEp2-Zellmuster eine große diagnostische Bedeutung zu, da dieses bereits erste Hinweise auf die Antikörperspezifität und die zugrundeliegende Erkrankung geben kann. Hinter einer homogenen Kernfluoreszenz (nach der internationalen Nomenklatur „ICAP“ als AC-1 bezeichnet) können sich typischerweise AK gegen dsDNA oder gegen Nukleosomen verbergen. Eine nukleär fein gesprenkelte Fluoreszenz (Muster AC-4) kann hingegen z. B. durch SS-A- bzw. SS-B-AK verursacht sein.

Ein häufig im Routine-Screening an HEp2-Zellen nachweisbares ANA-Muster stellt sich als unregelmäßig verteilte, feingranuläre Fluoreszenz der Zellkerne der Interphase sowie des Metaphase-Chromatins dar (Muster AC-2 nach ICAP). Dieses dicht fein gesprenkelte Muster („dense fine speckled“, DFS) ist relativ gut von einem klassischen, mit dsDNA-assoziierten homogenen Muster zu unterscheiden. Die mikroskopische Differenzierung kann aber bei fraglichen Mischmustern mit homogener und fein gesprenkelter Kernfluoreszenz (Kombination der Muster AC-1 und AC-4) erschwert sein. Das nukleäre Zielantigen des Musters AC-2 wurde entsprechend der Reaktivität des Autoantikörpers mit einem 70 kD-Protein im Westernblot als DFS70-Antigen bezeichnet. Dieses Protein wurde von unabhängigen Forschergruppen auch als Transkriptionskoaktivator p75, lens-epithelium-derived growth factor (LEDGF) und cPSIP1 (PC4 and SFRS1 interacting protein 1) charakterisiert, in der Routinediagnostik ist jedoch die Bezeichnung DFS70 gebräuchlich.

Bei Vorliegen eines solchen nukleären dicht fein gesprenkelten HEp2-Zellmusters (AC-2) im IIFT, das durchaus im mittel- bis hochtitrigen Bereich gefunden werden kann, empfiehlt sich also als Folgeuntersuchung die Bestimmung von DFS70-AK mittels Immunoassay.

Können bei den weiterführenden Untersuchungen keine klassischen, klinisch relevanten Autoantikörper nachgewiesen werden (z. B. ENA-AK bzw. ggf. Myositis- oder Systemsklerose-AK), so ist bei alleinigem Nachweis von DFS70-AK von einer hohen negativen Assoziation mit ANA-assoziierten rheumatischen Erkrankungen (AARE) auszugehen, was die klinische Entscheidungsfindung deutlich erleichtert. Isolierte DSF70-AK findet man in weniger als 1 % der Patienten mit AARE, aber in 5–11 % bei gesunden Personen. Ihre klinische Relevanz ist trotz zahlreicher Studien weitestgehend ungeklärt.

Zusammengefasst sind positive ANA-Befunde mit nukleär dicht fein gesprenkelter Fluoreszenz (Muster AC-2) und isoliert positiven DFS70-AK nach aktuellem Kenntnisstand höchstwahrscheinlich nicht mit einer Kollagenose assoziiert und können bei fehlendem Nachweis von anderen Antikörpern gegen krankheitsassoziierte Antigene zum Ausschluss einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung beitragen.


Literatur

  1. Dörner, T, Specker C. Rheumatologische Autoimmundiagnostik. Antikörperdiagnostik zur Klassifikation; Diagnose- und Therapieentscheidung. Dtsch Med Wochenschr 2020; 145: 181–186
  2. Aringer M, Costenbaber K, Daikh D et al. European League Against Rheumatism/American College of Rheumatology Classification Criteria for Systemic Lupus Erythematosus. Ann Rheum Dis 2019; 78:1151–1159
  3. Conrad K et al. DFS70-Antikörper – Biomarker zum Ausschluss ANA-assoziierter rheumatischer Erkrankungen. J Lab Med 2014; 38(6): 299–307
  4. Conrad K. DFS70-Autoantikörper. Negative Krankheitsassoziation. Trillium Diagnostik 2015 13 (2): 94–96